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Rudelbande – Wir und unsere Hunde

Rudelbande – Wir und unsere Hunde

Vorwort

Ich bin Namdi Wahid Djamil Ye Japha, ein Franzose und seit knapp einem Jahr Mitglied eines besonderen Rudels. Was soll ich sagen – ich fühle mich einfach nur wohl. Von meinem älteren Cousin lerne ich viel und meine zwei Leithunde passen gut auf mich auf. Ja, ich bekomme jeden Tag leckere Fisch-Kroketten-mmmhhh – zweimal sogar. Auch kleine Stückchen getrockneten Fisch als Dessert und nicht zuletzt, wenn ich etwas gut gemacht habe kleine Leckereien aus Lammfleisch. Manchmal muss ich aber auch danach suchen – das kann ganz schön anstrengend sein.
Mit meinem Rudel habe ich diese letzten Monate viel entdecken dürfen und immer war ich mir sicher, dass meine zwei Leithunde auf mich aufpassen. Ich konnte mich also in Ruhe meinem Tagebuch widmen. Da schreibe ich all die tausende verschiedenen Gerüche hinein, die ich später wiedererkennen und zuordnen muss. Da gibt es zum Beispiel den kleinen weißen Nachbarkollegen, der immer so laut bellt, wenn ich vorbeigehe. Der riecht ganz anders als der große ein paar Häuser wohnende Riese (mein Leithund sagt immer „Schäfer“ dazu) und vor dem ich richtig Angst habe. Mein Leithund nimmt mich dann nahe zu sich und so fühle ich mich sicher. Ja was soll ich sagen zu meinen Leithunden habe ich unbedingtes Vertrauen. Auch habe ich gelernt, dass ich, wenn ich gerufen werde schnell zu ihnen laufen muss. Man weiß ja nie in welche Gefahren ich sonst käme und eine von diesen köstlichen Lamm-Leckereien gibt es dann obendrein.
Jetzt wo ich älter werde und spüre ein richtiger Hundemann zu sein, würde ich natürlich gerne selbst sagen wo es lang gehen soll. Ich habe aber bemerkt, dass es chilliger ist den Leithunden die Führung zu überlassen. Sollen sie doch – wuff.
Trotzdem, wenn ich mal so einem hübschen knackigen Rhodesien Ridge Back Mädchen begegnen sollte – ob ich mich da wohl beherrschen könnte? Schließlich ist mein Name ja „Djamil“, der „Schöne“.
Das ist mein Leben in diesem wunderbaren Rudel. Hier werden alle meine Grundbedürfnisse nach Nahrung – Sicherheit – naja und Fortpflanzung werden wir noch sehen, durch meine zwei Leithunde und meinen Cousin befriedigt. So bin ich meistens relaxed, gechillt und glücklich, außer es läutet jemand fremder an der Türe.
Wir sind eine richtige „Rudelbande“!

Der Schweizer Hundeflüsterer

Zu meiner Vorstellung ist nicht viel zu sagen. Geboren 1957 in Wien, lebe ich seit einigen Jahren mit meiner Frau und Partnerin in der Schweiz. Schon seit meiner Kindheit haben mich Hundebegleitet und so habe ich alle Höhen, aber auch Tiefen, der Beziehung Hund-Mensch erleben dürfen. In der Schweiz habe ich zunächst eine Ausbildung zum Care Giver, im Bereich Psychosozialer Notfallhilfe gemacht und bin im Care Team Appenzell als Miliz Care Giver tätig. Dabei werde ich mit Menschen konfrontiert, die außergewöhnliche Stresssituationen erlebten. Solche ähnliche, Stress bedingte, Symptome habe ich auch bei Menschen erlebt, die Probleme mit schlecht erzogenen Hunden haben, oder auch ängstlich und gestresst bei der Begegnung mit Hunden sind. Diese Verbindung führte mich zur Psychologie des Hundes und zum Abschluss eines Diplomstudiums der Verhaltensbiologie und Verhaltenstherapie für Hunde.
Die Hundepsychologie ist eine relativ junge Disziplin der Ethologie (vergleichende Verhaltensforschung) des Hundes, nicht älter als 80 Jahre. So ist sie auch für das Verständnis des Verhaltens eines Hundes von umso größerer Bedeutung. Sie beruht auf den Grundsätzen der Verhaltensbiologie. Viele tausend Beobachtungsstunden des Verhaltens von Hunden in wilden und domestizierten Hunderudeln sind die Basis für die Erkenntnisse, die der Hundepsychologe auf das Mensch/Hund Mischrudel umlegt und anwendet. Die Methoden sind also dem natürlichen Verhalten der Tiere angepasst.

Was unterscheidet den Hundepsychologen vom Hundetrainer?
Dem Hundepsychologen und «Hundeprofi» geht es um die „Erziehung“, beim Hundetraining geht es um die „Ausbildung“ des Hundes. Denn Ausbildung und Erziehung sind nicht dasselbe.
Die Ausbildung des Hundes betrifft seine „Konditionierung“, die zuverlässige Ausführung von Anweisungen oder Kommandos. Sie reicht bis zur Spezialausbildung zum Begleithund, Such- und Spürhund, Therapiehund, etc.
Während die Erziehung eines Hundes darauf abzielt, dass der Hund die Regeln eines intakten Rudels akzeptiert, beherrscht und sich dabei noch wohl fühlt. Dabei geht es um die vier sozialen Kompetenzen:

  • 1. friedfertiges Verhalten gegenüber anderen Hunden (intraspezifisch)
  • 2. Verträglichkeit mit anderen Tieren (interspezifisch)
  • 3. friedfertig mit dem Hundeführer und anderen Menschen umgehen
  • 4. Fähigkeit zur „Ignoranz“ gegenüber jeglichen Umweltreizen (zum Beispiel Strassenlärm, Knallen, etc.)

Die Tätigkeit eines Hundetrainers beschränkt sich meist auf die Ausbildung eines Hundes.

  • 1. Befolgen von Kommandos (Sitz, Platz & Co)
  • 2. Spüren & Suchen
  • 3. Schützen
  • 4. Helfen & Unterstützen

Die Tätigkeit des Hundepsychologen und Verhaltenstrainers umfasst die Erziehung des Hundes, seine Sozialisierung oder Resozialisierung und gliedert sich in vier Bereiche. 

  • 1. Hunden gegenüber
  • 2. anderen Tiere gegenüber
  • 3. Menschen gegenüber
  • 4. Umweltspezifisch

Auch die Methoden sind unterschiedlich.
So arbeitet die Ausbildung mit Konditionierung und Dressur, während die Erziehung mit Rangkorrektur im Rudel, Gegenkonditionierung und Desensibilisierung arbeitet.

Hunde haben Bedürfnisse

Das Missverstehen der grundlegenden Bedürfnisse eines Hundes durch seinen Halter sind die Ursache der allermeisten «Verhaltensauffälligkeiten».
Hunde haben abgesehen von körperlichen und physiologischen Unterschieden zum Menschen, ein ähnlich aufgebautes Gehirn wie die meisten Säugetiere und auch der Mensch (Hirnstamm, Kleinhirn, Zwischenhirn und Grosshirn). Sie besitzen auch ein limbisches System zur Gefühlsverarbeitung und ein ähnlich funktionierendes Motivationssystem. Deutliche Unterschiede zum Menschen finden sich aber im Bedürfnisspektrum der Hunde.
Der Mensch und Hundehalter missversteht meist diese Bedürfnisstruktur des Hundes und interpretiert so sein Verhalten falsch, gibt ihm so falsche Anweisungen oder Hinweise, so dass sich der Hund aus der Sicht des Halters nur falsch verhalten kann!

Die Maslowsche Bedürfnispyramide des Menschen:

Die Motivation des Menschen nach einer höheren Bedürfnisebene beginnt nach Maslow erst wenn die untere Ebene ganz oder zumindest grösstenteils befriedigt ist.
Bei Hunden ist diese Bedürfnisstruktur wesentlich einfacher. Wenn der Hund satt, befriedigt und angstfrei ist hat er zwar nach neueren Erkenntnissen auch das Bedürfnis nach Liebe, Zuneigung, den «will to please» und körperlicher Nähe. Aber von herausragender Bedeutung für unser Verhalten, dass Auswirkung auf die soziale Verträglichkeit hat, ist das Bedürfnis des Hundes nach Sicherheit.

Wer Hunde führt befriedigt ihre Bedürfnisse

Diese Bedürfnisse sind bei Hunden sehr komplex und anders als beim Menschen ausgeprägt.
Ein Beispiel. Der Hund läuft an einer Rollleine (Flexi-Leine) fünf bis acht Meter am Boden schnüffelnd vor dem Halter her. Das signalisiert dem Hund, «ich habe jetzt aufzupassen und die Gegend nach Bedrohungen, Feinden, Konkurrenten und Gefahren zu untersuchen und diese dem Halter zu melden. Das hat für den Hund nichts mit Spass, Freiheit oder Freude zu tun. Im Gegenteil der Hund ist angespannt und gestresst, weil ihm sein Halter den Schutz für ihre Sicherheit übertragen hat. Darauf angesprochen antworten die meisten Halter, dass sie den Hund ja nicht einengen wollen, sondern ihm so viel Freiheit lassen wollen wie möglich. Und schon gibt es das erste Missverständnis.
Für den Hund ist diese Art «Freiheit» nichts Erstrebenswertes. Der Hund kann mit dem menschlichen Bedürfnis nach Freiheit aber nicht anfangen. Sie kann nämlich schnell in «Anarchie» ausarten. Sie bedeutet nämlich auch Freiheit (Abwesenheit) von Sicherheit, Schutz, Regeln und Strukturen. Daraus resultiert nichts anderes als psychische Belastung für den Hund. Ob es in Stress für einen Hund ausartet, hängt davon ab wie weit er die ganze Situation noch im Griff hat. Jedenfalls gibt es in dieser Situation kein Wohlbefinden und provoziert ein Verhalten des Hundes, welches als auffällig interpretiert werden kann.
Der Hund will gar keine Verantwortung übernehmen. Er ist gerne bereit eine untere und uns adäquate Rolle im Rudel einzunehmen. Der Mensch sollte ihm seine Ängste nehmen, indem er die Rolle eines guten Rudelführers einnimmt und die damit einhergehenden Pflichten zur Nahrungsbeschaffung und Gewährleistung der Sicherheit erfüllt. So signalisiert er seinem Hund, dass dieser sich ausschliesslich auf ihn und seine Anweisungen zu konzentrieren hat. Dann ist der Hund ausgeglichen und glücklich.

Ein paar Beispiele für Verhaltensauffälligkeiten begründet durch mangelnde Befriedigung des Sicherheitsbedürfnisses:

  • Aggression gegenüber Artgenossen
  • An der Leine ziehen
  • Aggression aus Ängstlichkeit
  • Gestörtes Vertrauensverhältnis zum Halter

Schon der Welpe lebt im Rudel

Die Schutzbedürftigkeit eines Welpen im Rudel ist sehr gross. Den sogenannten Welpenschutz gibt es nicht. Eine natürliche Hemmung einen Welpen anzugreifen gibt es nur gegenüber den eigenen Welpen des Rudels.
Die Welpenspielgruppe, bei der alle Hunde einfach herumbalgen und raufen gibt e in der Natur nicht. Sie dient meist zur Belustigung der Halter. Für die Welpen bedeutet es puren Stress.
Die Meinung:» Die klären das schon untereinander!» offenbart in aller Klarheit, dass der Mensch das eigentliche Problem nicht erkannt hat. Sein Schützling blickt hilfesuchend zu ihm und er hilft ihm nicht. Im Hunderudel der Natur sorgt ein älterer Hund sofort für Ruhe zwischen den Welpen und nimmt den kleinsten in Schutz. Dies ist eine einmalige Gelegenheit Vertrauen zu seinem Hund aufzubauen, in dem man ihm zu Hilfe kommt. Allerdings nicht, wenn man selbst aufgeregt, ja manchmal sogar hysterisch reagiert, sondern souverän und gelassen dazwischen geht und seinem Welpen zu Hilfe kommt. Unterlässt man diese Hilfeleistung prägt sich beim Hund ein, mein Mensch kann oder will mir nicht zu Hilfe kommen oder mich beschützen.
Im Laufe der Entwicklung des Hundes folgen daraus viel später zwei Verhaltensprobleme. Der Hund wird sehr ängstlich oder er zeigt vermehrt aggressives Verhalten.
Fazit ist, dass wir es schon beim Welpen in der Hand haben, diesen zu beschützen und Vertrauen zu ihm aufzubauen. Ganz wie es in der Natur eines funktionierenden Hunderudels geschieht. Vergeben wir nicht diese sich uns bietende einmalige Chance.

Die Organisation und die Mitglieder der „Rudelbande“

In unserer Zeit nehmen sich Hundehalter immer seltener Zeit, um mit ihrem Hund gemeinsam Aufgaben zu erledigen. Eine Stunde an der Leine laufen ist keine Aufgabe. Heutzutage wird die Zeit, die wir zum Aufbau von Bindungsbeziehungen brauchen immer knapper. Der Entwicklungsprozess sozialer Beziehungen (Mensch-Hund) und die gruppenbindende Zusammenarbeit braucht Zeit. Rituale spielen dabei eine wichtige Rolle. Diese müssen aber eingeübt werden. Zum Beispiel Begrüssungsrituale, oder Rituale beim Füttern.
In unserer „Rudelbande“ leben also Menschen und Hunde zusammen. Bezeichnen wir einmal uns Menschen als „Alte“ und die Hunde als „Junge“. Jedes Mitglied der „Rudelbande“, aber auch die Interaktionen und die gemeinsame Arbeit, sind als gleichwertig anzusehen. Dies unter dem Gesichtspunkt, dass formale Dominanz (ich spreche lieber von Souveränität) im sozialen Kontext artübergreifend von ritualisierten Verhaltenssignalen (z.B. ritualisierte Begrüßung oder Kommunikation) charakterisiert auch unseren Hunden nicht fremd ist. Insbesondere ihr Wille zur Kooperation uns „Alten“.
Leider haben die „Jungen“ nicht allzu viele Gelegenheiten im praktischen Tagesablauf mit uns „Alten“ ihre natürliche Absicht ihre Stellung im Rudel durch „Demutsgesten“ oder dem Aussenden von „Beschwichtigunssignalen“ einzuüben.
Es geht also nicht nur darum seinem Hund von klein an die eigene überlegene Stellung im Rudel zu demonstrieren, wie dies in fast allen Hundeschulen gelehrt wird, sondern auch darum dem Hund sein natürlich vorhandenes Gefühl für seine untergeordnete Stellung im praktischen Tagesgeschehen zu bestätigen. Loben wir den Hund dafür, oder zeigen wir im Gegenzug souveränes Verhalten, in dem wir mit einem Gehorsamkeitskommando antworten. Das schafft Vertrauen. Wir können von unseren Hunden nicht verlangen uns einfach als einen guten „pack Leader“ anzunehmen, man kann sich dieses Ansehen nur erarbeiten.
Ein guter „pack Leader“ unterstreicht seine soziale Kompetenz und damit seine Stellung im Rudel anhand von Kreativität und dem übergeordneten Willen zur Zusammenarbeit, trotz gelegentlich schlechter Tagesform.
Ein weniger guter „pack Leader“ hat Schwierigkeiten akute Bedürfnisse und Absichten aller Mitglieder der Rudelbande geschickt in ein Gesamtgefüge einzubetten.
Schaffen wir mit unseren Hunden das „Wir Gefühl“. Werden wir eine „Rudelbande“. Mit einer festen Bande zueinander, aber auch als Bande bereit gemeinsam Aufgaben zu lösen.

Wie funktioniert die „Rudelbande“

Ein harmonisches Rudel entsteht, wenn die Bedürfnisse seiner Mitglieder ausreichend befriedigt werden. Sicherheit, Nahrung, Emotionen, gegenseitiges Vertrauen, klare Struktur und Ordnung, Erhaltung der Art sind für Mensch wie für Hund in unserem Rudel, zu befriedigende Grundbedürfnisse.
Wenn eines dieser langfristig nicht ausreichend erfüllt ist, wird das Rudel Zerfallserscheinungen zeigen. Es geht also um Gruppenstabilität oder Zerfall.
Unsere „Rudelbande“ ist ein dynamischer Organismus, sehr komplex und jede „Rudelbande“ hat ihre eigenen Gesetzmäßigkeiten und Merkmale. Im Außenbereich bringt der Hund mehr „biologisches Verständnis“ in die Bande ein. In Haus und Hof ist es der Mensch, der mit seinen Regeln und seiner Autorität mehr bestimmt. So kann man sich die Frage stellen ob wir den Hund in die Natur einbinden, oder er uns. Draußen in Wald und Feld ist es wohl eher der Hund.
Es sollte daher im Vorfeld geklärt werden, ob das jeweilige Gruppenkonstrukt stabil ist oder bereits Zerfallserscheinungen zeigt. Vieles lässt man in Beziehungen nämlich einfach schleifen.
Unsere Rudelbande ist mehr als eine Ansammlung von artunterschiedlichen Individuen. Es geht dynamisch zu. Deshalb gilt es, möglichst zielgerichtet an die Sache heranzugehen.
Im Folgenden sind Fragen und Anmerkungen mit verhaltensbiologischem und psychologischem Hintergrund zusammengestellt, ob eine „Rudelbande“ stabil ist oder sich schon Zerfallserscheinungen zeigen.

  • 1. Kontinuität: Ist der Verbleib des Hundes in der Familie, nach derzeitigem Wissensstand, auf Dauer gewährleistet.
  • 2. Gemeinsame Werte: Halten sich ALLE Familienmitglieder an die vereinbarten sozialen „Benimm-Regeln“ für den Hund.
  • 3. Gemeinsame Ziele: Werden regelmäßig gemeinsame Aktivitäten zur artgerechten Auslastung gesetzt.
  • 4. Positionen und Rollenverteilung: Führen die Menschen ihre „hundlichen“ Bandenmitglieder souverän durch alle Alltagsgefahren und vermitteln sie soziale Sicherheit, Schutz und Geborgenheit.
  • 5. Gruppenbewusstsein: Fühlen sich alle zwei- und vierbeinigen Bandenmitglieder sozio-emotional gut aufgehoben und integriert und gibt es genügend kollektive Rituale, die ein Gruppengefühl erkennbar machen.
  • 6. Aufgabenverteilung und Arbeitsteilung: Kennen alle Bandenmitglieder ihre Rollen und Aufgaben zu Hause und unterwegs.
  • Die Antworten auf diese Fragen bestimmen den Zustand der „Rudelbande“: Stabilität oder Zerfall.

Die wichtigste Gruppenfunktion ist und bleibt die der sozialen Sicherheit und Angstreduktion. Der Mensch als Hundehalter spielt die Rolle eines „Moderators“ in der Rudelbande. Er muss auf den Ausgleich der Interessen aller Mitglieder achten und es kommt ihm auch die Rolle eines Organisators zu. Dabei hat er auf das Selbstwertgefühl aller zu achten, auch der Hunde in der Gruppe.
Eine stärkere Annäherung an die Natur indem wir mit unseren Hunden viel draußen in Wald und Feld sind, wird auch dem Hundehalter guttun. Künstliche Aktivitäten in Hallen, wie zum Beispiel Dog Dancing oder Obedience-Kurse haben überhaupt nicht den gleichen Wert wie Treffen mit anderen Hundehaltern in der freien Natur. Gleichgültig um welche Rasse es sich bei den Hunden handelt.
Der souveräne „pack Leader“ schwelgt nicht in Selbstverwirklichung, sondern stellt sich der Herausforderung, Persönlichkeitsentwicklung innerhalb eines klar geregelten Wettstreits in der Rudelbande zuzulassen.

Der Weg zu einer entspannten „Rudelbande“ oder der Mensch-Hund Code

Zur entspannten Funktionsfähigkeit einer Mensch/Hund „Rudelbande“ braucht es weder neue, noch einseitig harte oder weiche und auch keine „super-natürlichen“ Methoden. Soziales Beisammensein, authentische Ritualhandlungen, das Vorleben und weiterentwickeln empathischer Bekundungen soll intuitiv kommuniziert werden, nicht methodisch kühl berechnend.
Mit der Abkehr von uns Menschen von der Natur. Ging das ganze Problem los. Mit der Natur eins zu sein macht Spaß (mother earth – father sky). Richtig verstandene „Rudelbande“ kann daher nur heißen: raus in die Natur. Alles was gebraucht wird ist Kreativität und Zeit.
Mensch und Hund zu „erden“ und in natürliche Prozesse einzubinden, ist zugegebener Massen heute nicht ganz einfach. Hunde werden daher oft als ewige Kleinkinder gesehen – und gern damit verglichen. Bei aller Banalität lautet die Botschaft: Hunde sind Hunde und haben kein Interesse daran irgendwann Mensch zu werden. Der Mensch braucht aber nicht zum verwilderten Artgenossen zu werden, damit uns unsere Haushunde verstehen. Nichts spricht zwar entgegen den Hunden kommunikativ entgegenzukommen, solange der Mensch zuverlässig und authentisch glaubhaft bleibt. Wer sich „verhundlicht“, beispielsweise durch Initiieren von Begrüßungszeremonien und sozialen Zusammenkünften, durch ein Körperkontakt-Angebot oder im Falle einer Gefahr sich schützend vor seinen Hund stellt handelt richtig und stärkt die „Rudelbande“. Nur sollte diese „Verhundlichung“ im Rahmen bleiben und Grenzen haben. Der Mensch muss seinen Hund immer gut beobachten und danach streben ihn zu verstehen.
Der Mensch-Hund Code ist nichts anderes als das Bemühen des Menschen seinen Hund zu verstehen und ihm ein artgerechtes „hundliches“ Leben innerhalb der „Rudelbande“ zu ermöglichen.

Der Hund muss dem „pack Leader“ VERTRAUEN. Dieses Vertrauen wird durch eine enge Bindung geschaffen und durch emotionale Handlungen.

Emotionen bieten durch: kuscheln, streicheln, loben, Fellpflege, Ansprache usw.
Vertrauen schaffen durch: Souveränität, Schutz, Konsequenz, klare Kommandos
Bindung fördern durch: artgerechte Auslastung, Zeit füreinander haben, Aufgaben im Rudel erfüllen dürfen.
Diese drei bedingen sich gegenseitig und stehen in einer unmittelbaren Wechselwirkung zueinander. Ist eine der drei zu wenig oder auch zu stark ausgeprägt, kommt es zu einer Störung im Sozialverhalten im Rudel.

Verhaltensgrundsätze und der Erfolg einer Hundeerziehung

Es gibt für den Autor nur zehn Verhaltensgrundsätze um einen Erfolg bei der Hundeerziehung, dem Aufbau einer entspannten «Rudelbande» zu gewährleisten:

  • 1. Die Bedürfnisse eines Hundes kennenlernen. Seine drei wichtigsten Grundbedürfnisse sind: Sicherheit, Nahrung und Fortpflanzung. Weitere sind Markieren, Rennen, Spielen mit anderen Hunden und seinen Menschen, artgerechte Auslastung. Dafür sorgen, dass er diese Bedürfnisse hundegerecht befriedigen kann.
  • 2. Mit der Hundesprache (Körper-, Lautsprache, Verhalten) vertraut werden, um sie richtig deuten zu können.
  • 3. Je früher mit der Erziehung begonnen wird, desto weniger Probleme gibt es. Dabei jedoch immer realistische und artgerechte Ziele setzen.
  • 4. Erwünschtes Verhalten sollte immer gelobt und belohnt werden.
  • 5. Anschreien und Bestrafen bringen nichts. Der Hund bekommt nur Angst, und Probleme werden verstärkt. Das Ignorieren eines Verhaltens kann dagegen in bestimmten Fällen hilfreich sein.
  • 6. Den Hund niemals mit Gewalt festhalten, zu etwas zwingen oder überhaupt Gewalt, in welcher Form auch immer, anwenden.
  • 7. Dem Hund die Regeln im Miteinander sowie die damit verbundenen Worte beibringen, vor allem die Bedeutung von „Nein!“. Dabei immer die gleiche Wortfolge benutzen und kurze Kommandos geben.
  • 8. Konsequent bleiben. Was heute verboten ist, darf nicht morgen erlaubt sein. Dazu gehört auch, Kommandos (gewaltfrei) durchzusetzen, indem der Hund beispielsweise zehnmal hintereinander wieder auf seinen Platz gebracht wird, wenn er unerlaubt aufsteht.
  • 9. Routinen schaffen, denn Hunde lieben geregelte Tagesabläufe und lernen rasch, sich auf gewisse Regelmäßigkeiten einzustellen. Dazu gehört ebenso, den Hund in den Alltag einzubeziehen, ihn zu integrieren und möglichst überallhin mitzunehmen und ihm so Abwechslung zu verschaffen.
  • 10. Glaubwürdig sein, und dem Hund zeigen, dass man jede Situation souverän im Griff hat. Die Bindung durch viele positive gemeinsame Erfahrungen und Erlebnisse stärken.

Wer sich an diese Verhaltensgrundsätze hält, schafft die Voraussetzung für ein entspanntes, spannendes und zufriedenes Zusammenleben aller Mitglieder in der Rudelbande.

Zusammenfassung:

Eine gute „Rudelbande“ wird von zwei Säulen getragen.
Unternimm viele gemeinsame artgerechte Aktivitäten in der freien Natur
Gib deinem Hund ausreichend Sicherheit und Schutz gegenüber Gefahren im Alltag und Bedrohungen aus SEINER Sicht.

Ein Leben ohne Hunde ist möglich, aber sinnlos. (Heinz Rühmann)

Autor: Dimitri Ribarov – Dipl. Hundepsychologe


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