Hormone im Hundefutter
Hundehaltern wird die Entscheidung für das optimale Futter ihrer Lieblinge nicht gerade leicht gemacht. Zahlreiche Werbeversprechen liefern sich einen gegenseitigen Schlagabtausch mit Kritikern und online kursierenden Gerüchten. Nassfutter versus Trockenfutter, artgerechtes Barfen, getreidefrei oder doch lieber gleich hypoallergenes Fleisch – die Auswahl scheint immens, aber nie wirklich perfekt. Neuerdings kommen zu dem Diskurs weitere Themen dazu, wie etwa unliebsame Hormone im Hundefutter. Welche Rollen spielen sie? Gibt es überhaupt hormonfreies Futter? Und welche Auswirkungen haben welche Hormone auf welchen Hund?
Inhaltsverzeichnis
Wie kommen Hormone ins Hundefutter?
Prinzipiell enthält jede Form von Fleisch Hormone. Diese werden von diversen Drüsen produziert, über den Blutkreislauf verteilt und letztlich im Gewebe angelagert. Je nach dem von welchem Körperteil das zu verfütternde Fleisch stammt, enthält es mehr oder weniger Hormonanteile.
Als sogenanntes Stichfleisch werden zum Beispiel die Fleischstücke bezeichnet, die sich rund um die Einstichstelle befinden, an der die Ausblutung erfolgt. Für Gewöhnlich also am Hals. Hier sitzt aber auch die Schilddrüse. Bedingt durch die Nähe zu ihr enthält Stichfleisch meistens höhere Mengen an Schilddrüsenhormonen. Für die menschliche Nahrung sind solche Fleischstücke nicht zugelassen, für Hunde aber schon. Und sie sind vor allem sehr günstig zu erwerben. Auch Kehlköpfe, Halsfleisch sowie als Mischfleisch deklarierte Kombinationen weisen oftmals einen hohen Anteil an Hormonen auf.
Darüber hinaus spielt die Haltung der Futtertiere beziehungsweise wiederum deren Fütterung eine ebenso entscheidende Rolle wie die Weiterverarbeitung durch den Schlachtbetrieb und den Hundefutterhersteller. Wer die Futterzusammenstellung selbst in die Hand nehmen möchte, setzt als Hundebesitzer auf das Barfen. Gemeint ist biologisch artgerechtes, rohes Futter, welches eigens, sprich nicht industriell, zusammen gestellt wird.
Konventionelles Hundefutter vom Händler
Da bei der konventionellen Herstellung die enthaltenen Hormone nicht wie andere Inhaltsstoffe deklariert werden, lässt sich allein an Hand der Inhaltsangaben kaum ein Rückschluss auf deren Anteil im jeweiligen Hundefutter ziehen.
Meistens unterscheiden die Hundefutterhersteller zudem zwischen der klassischen Zusammensetzung und dem Begriff „Analytische Bestandteile“. Während Ersteres sämtliche Inhaltsstoffe listet, wie etwa Rind, Lachs, Kartoffeln oder auch Kräuter, benennen die Analytischen Bestandteile den Prozentsatz an Rohprotein, Rohfett, Rohfaser, Rohasche sowie einzelne Spurenelemente, beispielsweise Calcium.
Von Hormonen ist weit und breit nichts zu lesen. Dennoch sind sie drin. Und nicht nur das. Viele Nährstoffe, die mit dem Hundefutter aufgenommen werden, sind selbst keine Hormone, beeinflussen aber den Hormonhaushalt des Hundes trotzdem.
Lignane zum Beispiel kommen in vielen Getreidesorten vor. Für die Pflanze sind sie wichtig als Abwehrstoffe gegen Erkrankungen und Infektionen. Für Säugetiere, die über das Futter diese Lignane aufnehmen, konnte eine östrogenartige Wirkung festgestellt werden.
Selbst gemachtes Hundefutter
Hundehalter, die mittels Barfen das Futter für ihre Lieblinge selbst zusammen stellen, verfolgen in der Regel einen festen Ernährungsplan. Dabei werden rohes Fleisch, Gemüse, Öle, zum Teil Getreide und Kräuter miteinander kombiniert, so dass der Hund ein möglichst perfekt auf ihn abgestimmtes Futter erhält. Barfen erlaubt eine bessere Kontrolle über die Zusammensetzung und Herkunft der Inhaltsstoffe, erfordert jedoch auch eine intensive Auseinandersetzung mit dem Thema.
Wer beim Schlachter oder Bauern seinen Vertrauen einkauft, erfährt normalerweise mehr über die Haltung der Futtertiere. Grundsätzlich ist der Einsatz von künstlichen Hormonen seitens der Europäischen Union bereits seit 1988 verboten. Dies betrifft zum Beispiel Wachstumshormone, die zu Mastzwecken dem Tierfutter beigemengt wurden, um so höhere Erträge zu erzielen. Die Tiere wurden quasi gedopt. Der Beschluss war die Folge des europaweit steigenden Ethik- und Umweltbewusstseins sowie der Erkenntnisse über mögliche gesundheitliche Folgen für Menschen.
Dennoch wird selbst der Wert von Bio-Fleisch durch Medikamentengaben oder fragwürdige Schlachtverfahren verfälscht. Gesetzlich vorgeschriebenen Richtwerte selektieren daher die zugelassenen Methoden. Das Interesse der Verbraucher steht wie immer dem Profit der Erzeuger gegenüber. Es überrascht bei all dem nicht wirklich, dass eine gute Fleischqualität ihren Preis hat.
Wer also glaubt, mit Schlachtabfällen seinem Hund etwas Gutes zu gönnen, sollte die Herkunft des Fleisches lieber zweimal hinterfragen.
Welche Auswirkungen haben die Hormone im Hundefutter?
Innerhalb des eigenen Körpers übernimmt jedes Hormon eine ganz bestimmte Funktion. Außerdem beeinflussen sich die Hormone untereinander und werden wiederum von anderen Faktoren beeinflusst, beispielsweise wann und in welcher Intensität sie produziert werden. Im Idealfall entsteht ein ausgeglichener Hormonspiegel.
Durch die Aufnahme der Hormone über das Hundefutter gelangen diese nun in den Magen eines fremden Körpers. Wo sie prinzipiell kaum Auswirkungen haben. Die meisten Inhaltsstoffe werden mühelos verdaut.
Lediglich hoch belastetes Futter kann den Hormonhaushalt des Hundes stören sowie hormon-beeinflussende Substanzen.
Schilddrüsenüberfunktion durch Stichfleisch
Das bereits erwähnte Stichfleisch bringt eine Menge an Schildrüsenhormonen mit. Wird es zudem tiefgefroren gelagert, steigt die Gefahr von gesundheitlichen Auswirkungen. Ebenso erhöht sich das Risiko je mehr und öfter Stichfleisch gefüttert wird.
Ein gesunder Hund kann theoretisch auch Gewebe mit hohem Hormonanteil gut verkraften. Die verträgliche Dosis ist äußerst individuell und eigentlich nicht vorab zu ermitteln. Wird das belastete Fleisch jedoch zur Hauptnahrungsquelle und bringt der Hund vielleicht sogar eine bis dato unerkannte Vorbelastungen mit, können sich über die Zeit verschiedene Erkrankungen manifestieren.
Eine davon ist die Schilddrüsenüberfunktion. Das Knifflige an ihrer der Symptomatik sind die unscheinbaren Anzeichen. Nur selten lassen sie sich dann auch noch dem schlechten Futter zuordnen. Hunde mit einer Überlastung an Schilddrüsenhormonen zeigen unter anderem:
- Übermäßiges Hecheln, Durst und Nervosität: Dies könnte auf Herzbeschwerden infolge einer Schilddrüsenüberfunktion hindeuten.
- Hunger und trotzdem Gewichtsverlust: Beide zusammen sind relativ eindeutige Anzeichen. Sie können jedoch auch einen Parasitenbefall bedeuten.
- Hyperaktivität und gesteigerte Aggressivität: Neben anderen Verhaltensauffälligkeiten sind solche Extreme typisch für eine Schilddrüsenüberfunktion.
Genaue Klarheit kann erst der Tierarzt geben. Durch ein umfassendes Blutbild lassen sich die Hormonwerte genau analysieren. Wird das Problem rechtzeitig erkannt, lässt es sich durch Futterumstellung und gegebenenfalls Medikamente gut in den Griff bekommen.
Da die Symptome jedoch schleichend auftreten, werden sie von den Hundehaltern nicht immer als Problem angesehen. Ein regelmäßiger Gesundheitscheck beim Hund sollte daher zur Routine gehören, um Schlimmerem vorbeugen. Denn steigt der Schilddrüsenhormon-Wert unkontrolliert weiter an, können im Zweifelsfall Herzrhythmusstörungen, Ohnmachtsanfälle oder sogar Herztod nicht mehr aufgehalten werden.
Epilepsie durch Getreide
Auch Epilepsie steht in Verdacht durch Hundefutter ausgelöst zu werden. Die biochemischen Zusammenhänge in all ihrer Komplexität nachzuvollziehen, ist für die Veterinärmediziner jedoch nach wie vor eine enorme Herausforderung. Bis heute lässt sich noch nicht einmal exakt auf Epilepsie testen.
Krampfanfälle zählen zu den wohl eindeutigsten Symptomen, jedoch können sie auch in einer abgeschwächten Form auftreten oder in Kombination mit anderen, weniger aufschlussreichen, Anzeichen, wie etwa Gleichgewichtsverlust. Einige Hunde krampfen minutenlang, andere nur wenige Sekunden und das über Monate verteilt. Der individuelle Krankheitsverlauf lässt sich daher nur bedingt beurteilen, geschweige denn vorhersagen.
Als Ursache für Epilepsie kommen mehrere Erkrankungen in Frage, darunter eine Störung des Hormonhaushalts. Neben Diabetes und Organfunktionsstörungen wird häufig auch das Hundefutter als möglicher Auslöser in Betracht gezogen.
Obgleich Epilepsie nicht heilbar ist, lässt sich die Lebensqualität des Hundes deutlich verbessern, wenn das Futter dementsprechend umgestellt wird. Vielversprechende Ergebnisse wurden vor allem mit getreidefreiem Futter erzielt sowie durch den kompletten Verzicht auf Konservierungs- und künstliche Zusatzstoffe.
Der genaue Zusammenhang zwischen getreidehaltigem Hundefutter und Epilepsie ist allerdings noch nicht erforscht. Fakt ist jedoch, dass Getreide nicht unbedingt zur artgerechten Ernährung eines Hundes gehört, zumindest gemessen an der These, dass er vom Wolf abstammt.
Verhaltensstörungen, ausgelöst durch Hormone
Neben der Schilddrüsenüberfunktion und der Epilepsie gehören vor allem Diabetes und das Cushing-Syndrom zu den hormonbedingten Erkrankungen, die bei Hunden besonders häufig auftreten. Zudem gehen sie mit spezifischen Verhaltensauffälligkeiten einher.
Nicht immer, aber leider auch nicht selten, kommen darüber hinaus auch noch Tumore hinzu, die einerseits das hormonelle Gleichgewicht zusätzlich stören und andererseits neurale Auswirkungen haben.
Einige Hunde werden unentwegt müde, andere wie aus dem Nichts aggressiv. Gerade bei älteren Hunden lassen sich bestimmte Verhaltensmuster erkennen, die sowohl altersbedingt verursacht sein können, als auch hormonell. Hier die richtige Diagnose zu stellen, ist für den Tierarzt nicht immer einfach. Gleichermaßen sind die Hundehalter gefragt, die das Verhalten ihres Vierbeiners am besten einschätzen können, was für ihn typisch ist, und was nicht.
Verhaltensstörungen, die allein durch Hormone im Hundefutter ausgelöst werden, sind unwahrscheinlich. Erst durch Folgeerkrankungen lassen sich die Zusammenhänge erkennen. Nichtsdestotrotz spielt das Hundefutter für das Verhalten des Hundes eine große Rolle.
So fördert energiereiches Futter, also mit hohem Proteingehalt, ein aktives Verhalten. Welpen und Junghunde werden zum Beispiel mit rund 35 % Rohprotein versorgt. Durch ihre verstärkten Wachstumsprozesse haben sie einen besonderes hohen Energiebedarf, der somit abgedeckt werden kann. Mit dem Protein geht aber auch ein erhöhter Fleischanteil einher. Seniorenfutter besteht dagegen nur aus etwa 20 % Rohprotein.
Würden Welpen nun zu wenig mit bestimmten Nähwerten versorgt werden, oder alte Hunde mit zu vielen beziehungsweise den falschen, könnte das Hormongleichgewicht in Gefahr geraten und letztlich zeigt sich dies wiederum im Verhalten. Eine ausgewogene Ernährung sorgt, wie bei uns Menschen auch, für ein ebenso ausgewogenes Gleichgewicht: In Bezug auf die Hormone, auf das Verhalten und auf das gesamten Wohlbefinden des Hundes.
Alternativen für betroffene Hunde
Liegt beim Hund bereits eine gewisse Vorbelastung zu Grunde oder ist er sogar schon länger erkrankt, sollte das Futter dementsprechend angepasst werden. Diagnose, Krankheitsverlauf und Gesundheitszustand sind dabei ebenso zu berücksichtigen, wie die Lebensumstände und die individuellen Ansprüche von Hund und Herrchen, respektive Frauchen.
Wie anfangs erwähnt, ist die Auswahl an Hundefutter kaum mehr zu überschauen. Zahlreiche Hersteller vermarkten ebenso zahlreiche Eigenprodukte. Von ein und der selben Marke gibt es beispielsweise sowohl Nassfutter, als auch Trockenfutter. Dazu kommt eine ganze Palette an Geschmacksrichtungen. Große und kleine Paletts, Diätfutter, Futter für Welpen und solches für Senioren, Futter für Allergiker und, und, und.
Exotische Fleischsorten
Das Besondere an Geschmacksrichtungen wie Kamel, Wasserbüffel, Strauß und Rentier ist deren Wildhaltung. Selbst wenn die Tiere nicht aus der EU stammen und damit auch nicht den hiesigen Bestimmungen unterliegen, gelten sie dennoch als frei von künstlich zugefütterten Hormonen und Medikamenten. Zumindest wenn die Umweltverschmutzungen einmal außen vorgelassen werden.
Da diese Fleischsorten hierzulande kaum vermarktet werden, reagieren selbst die ganz empfindlichen Allergiker unter den Hunden sehr gut auf solches Futter.
Aber auch wer sich dem Barfen widmet, könnte auf exotische Fleischsorten zurück greifen, um hormonbelastetes Fleisch zu vermeiden. Eine regionale Alternative wäre zudem geschossenes Wild, wie etwa Fasan, Wildente, Hirsch, Hase und ebenso Hochseefische.
Regulierende Hilfsmittel aus der Natur
So wie einige Pflanzen die Hormonproduktion anregen, wirkend andere hemmend. Durch die richtige Wahl an Kräutern, Beeren, Früchten aber auch Mineralien und Spurenelementen, lässt sich der Hormonspiegel bis zu einem gewissen Grad regulieren.
Mönchspfeffer wirkt beispielsweise bei Scheinträchtigkeit und Problemen mit der Läufigkeit regulierend, Grünlippmuscheln sollen die Fruchtbarkeit erhöhen und Brennnesseln können bei einer Niereninsuffizienz unterstützend helfen.
Daneben existieren noch viele weitere Naturprodukte, die bei Hormonstörungen zugefüttert werden können. Einige Hersteller fügen diese bereits dem Hundefutter zu, andere verkaufen sie als Zusatzprodukte, die dann vom Hundehalter eigens dosiert und beigemengt werden.
Hände weg von Milcherzeugnissen
Im Gegensatz zum Fleisch, sogar zum Stichfleisch, enthält Milch wesentlich höhere Mengen an Hormonen. Und zwar solche, die eigentlich für das Kalb oder Lamm bestimmt sind. Hunde, die vermehrt Milchprodukte aufnehmen, leiden deutlich häufiger an hormonbedingten Erkrankungen.
Milcherzeugnisse haben im Hundefutter theoretisch überhaupt nichts zu suchen. Dennoch mengen beim Barfen so manche Hundebesitzer Milch bei. Für die Proteine. Und natürlich schmeckt es dem Hund. Aber seiner Gesundheit zu Liebe, sollte auf jegliche Form von Milch verzichtet werden.
Das gilt selbstverständlich auch für Joghurt, Käse oder Sahne. Einige Hundeliebhaber backen gerne Hundekekse und verwenden dafür sogar Butter. Hier sollte lieber auf pflanzliche Öle zurück gegriffen werden sowie auf hochwertiges Fleisch und reichhaltiges Gemüse, um den gewünschten Proteinanteil zu erzielen.
Medikamente zum Hormonausgleich
Wenn alles nichts mehr hilft, sind Medikamente oftmals die letzte Rettung. In dem Fall wird der Hormonstörung bewusst – und vor allem kontrolliert – mit künstlichen Hormonen Kontra geboten. Dank der mittlerweile gut erforschten Wechselwirkungen zwischen Hormonen, lassen sich viele Krankheiten gut behandeln.
Nicht immer verspricht die medikamentöse Behandlung eine Heilung, doch die Lebensqualität für den Hund wird ungemein verbessert. Parallel sollte natürlich die Ursache für das hormonelle Ungleichgewicht bestimmt und behoben werden.
Eine mit dem Tierarzt abgestimmte Futterumstellung oder die Zufütterung bestimmter Kräutermischungen kann die Therapie unterstützend begleiten. Dadurch haben auch die Hundehalter ein besseres Gefühl für ihren erkrankten Hund und leisten einen wesentlichen Beitrag zu dessen Gesundheit.