#
Rassenzuordnung – Was steckt drin, in meinem Hund?

Rassenzuordnung – Was steckt drin, in meinem Hund?

Foto: Liliya Kulianionak – Shutterstock
Hunde, die nicht von einem zertifizierten Züchter stammen oder gar aus dem Tierheim geholt wurden, die weder Papiere noch Hundeausweis haben, und natürlich auch sonst eher wenig über ihre Herkunft in für unsereins verständlicher Weise preisgeben, sind oftmals richtig schwer zuzuordnen. Diese Mischlinge haben es in sich: Völlig verschiedene Rassen, nicht nur zwei, auch schon mal drei, vier oder sogar mehrere Rassen lassen sich für erfahrene Kynologen erkennen. Doch wie gestaltet sich für den normalen Hundehalter die Rassenzuordnung beziehungsweise die Frage „Was steckt drin, in meinem Hund?“ Äußerliche Merkmale zu identifizieren, Verhaltensmuster zu interpretieren und im Zweifelsfall einen Gentest zu organisieren sind erste Schritte, den eigenen Hund besser einzuordnen. Wie das geht, erfahren Sie im folgenden Beitrag.

Wie wichtig ist die Rassenzuordnung?

Nun wird natürlich jeder Hundeliebhaber behaupten wollen, die Rasse sei nebensächlich – Hauptsache gesund. Doch ganz so einfach ist die Frage nach der Rassenzuordnung nicht beantwortet. Sonst gäbe es ja wohl kaum derart viele verschiedene Hunderassen. Die meisten davon sind zuchtbedingt auch noch mit einem hohen Gesundheitsrisiko behaftet. Tatsächlich spielt die Rasse eines Hundes immer wieder größere Rollen im Umgang mit den Tieren und nimmt daher für den Hundehalter selbst gelegentlich einen hohen Stellenwert ein.

Das beginnt beim Zusammentreffen mit Passanten, wenn nach der Rasse gefragt wird und die Reaktion nur ein Schulterzucken ist. „Wie nennen ihn Bello.“ ist dann nicht unbedingt aufschlussreich für den Fragenden. Aber dadurch fangen einige Halter an, sich Gedanken zu machen, was für einen Hund sie denn nun überhaupt an der Leine haben.

Auch beim Kauf, respektive Erwerb über das Internet, von Privatanbietern sowie im Tierheim kommen entsprechende Fragen auf. Oftmals lassen sie sich nicht eindeutig klären, sind aber für die Haltung des Hundes hin und wieder ausschlaggebend.

Hunderassen bei der Zucht

Wer zum Beispiel vorhat, mit seinem Mischling Welpen zu ziehen, muss sich unweigerlich mit dessen Herkunft und Genetik auseinandersetzen. In den wenigsten Fällen lassen sich andere Hundehalter auf Mischlingshunde zur Zucht ein. Die meisten legen enormen Wert auf nachweisbare Blutlinien und gültige Papiere. Diese bekommen allerdings nur reinrassige Exemplare ausgestellt. Sobald der Genpool gekreuzt wurde, muss entweder nachgewiesen werden, dass dies zum Wohle und zur Verbesserung der Rasse geschah und in Einklang mit den Zuchtstandards – oder aber der Nachwuchs gilt als Mischling, ergo werden keine Papiere erteilt und die Hunde von offiziellen Zuchtprogrammen ausgeschlossen.

Was sich als vermeintlicher Nachteil darstellt, kann sich aber durchaus als großen Vorteil erweisen. Allgemein gelten Mischlingshunde nämlich als robuster, langlebiger und gesünder. Der Grund dafür liegt in der Kreuzung der Blutlinien, wodurch sich dominantere – und damit in der Regel überlebensfähigere – Gene durchsetzen. Im Einzelnen hängt dies jedoch sehr stark von den gekreuzten Rassen ab und welche Eigenschaften sich beim jeweiligen Welpen schlussendlich herauskristallisieren.

Nicht immer lassen sich schon bei Junghunden eindeutige Rassenzuordnungen vornehmen. Viele Merkmale, sowohl äußerliche als auch verhaltensspezifische, entwickeln sich erst im Laufe der Jahre und verändern sich bis der Hund vollständig ausgewachsen ist.

Somit können sich im zarten Welpenalter gekaufte Hunde später als Mischlinge herausstellen, obgleich sie anfangs reinrassig aussahen, zumindest für den Laien. So mancher Hundehalter ist dabei schon auf hinterhältige Verkäufertricks hereingefallen. Deshalb gilt: Augen auf beim Welpenkauf. Die Folgen holen einen spätestens bei der Anmeldung des Hundes ein.

Rassenkennung für Listenhunde

Bei besagter Anmeldung in der Kommune muss immer die Rasse des Hundes angegeben werden. Hier wird die Rassenzuordnung mal zum Problem, mal zum Schlupfloch. Denn gerade Mischlinge bewegen sich diesbezüglich in einer Grauzone.

Interessant wird es bei der Kategorie Listenhunde. Als potentiell gefährlich eingestufte Hunderassen werden nämlich häufig verboten oder mit höheren Steuersätzen belegt. Doch wie soll der Hund richtig angemeldet und kategorisiert werden, wenn seine Rasse nicht eindeutig benannt werden kann? Ohne den Nachweis von Zuchtpapieren, obliegt dem Halter die Rassenzuordnung. Es darf quasi raten. Der kontrollierende Ordnungsbeamte wird es selten besser wissen. Immerhin gehört Kynologie, also die Lehre der Hundezucht, nicht zum Qualifikationsstandard für Ordnungshüter. (Noch nicht.)

Zu beachten ist allerdings, das im Falle einer Ordnungswidrigkeit oder bei Personen- und Sachschäden, die Rasse wahrscheinlich genauer geprüft wird. Hat der Hundehalter wissentlich falsche Angaben gemacht oder Genanteile von Listenhunden verschwiegen, wird es mitunter richtig teuer. Es sollte also genau abgewägt werden, welche Hunderasse angegeben wird.

Eine Frage der Versicherung

Gleichermaßen betrifft diese Situation auch den Antrag auf Hundehaftpflichtversicherung. In den meisten Bundesländern ist eine solche Versicherung mittlerweile Pflicht. Um sie abzuschließen, muss ebenfalls die Rasse angegeben werden, mit in etwa ähnlichen Konsequenzen wie bei der kommunalen Registrierung.

Hat die Kasse beziehungsweise die Versicherungsanstalt bestimmte Rassen als häufige Verursacher von Schäden höher eingestuft, wirkt sich die Angabe entsprechend auf den Versicherungsbeitrag aus. Wer falsche Angaben macht, riskiert das Erlöschen des Versicherungsschutzes und muss die Kosten im Schadensfall selbst tragen. Gerade bei Verkehrsunfällen oder schweren Personenschäden können das Summen in Millionenhöhe werden.

So richtig auf der sicheren Seiten scheinen Halter von Mischlingshunden also nie zu sein. Es sei denn, sie bemühen sich rechtzeitig um eine nachvollziehbare Rassenzuordnung ihres Vierbeiners.

Hunderasse an Hand des Aussehens bestimmen

Erste, wichtige Indizien für Hunderassen sind immer äußerliche Merkmale. Vor allem, wenn die Elterntiere unbekannt sind und sich somit deren Aussehen nicht beurteilen lässt. Folglich steht der nunmehr ratende Hundehalter vor der großen Herausforderung die Rassenzuordnung anderweitig zu lösen und damit vor seinem Hund, mit dem Ziel, sich diesen einmal näher anzuschauen.

Fakt ist, je mehr Rassen in dem direkten Stammbaum des einzelnen Hundes enthalten sind, desto schwieriger wird die Zuordnung. Gemeint sind damit insbesondere die vorherigen ein bis drei Generationen. Alle älteren Einflüsse sind rein Äußerlich kaum auszumachen und haben ohnehin nur noch bedingt Einfluss.

Gleichsam können Geschwisterhunde mitunter unterschiedlich aussehen, je nach dem welche genetischen Signaturen sich durchsetzen. Einige werden dominant vererbt, andere rezessiv, wieder andere rein nach Zufallsprinzip. So wie das Geschlecht individuell ist, so ist es auch die Zusammensetzung der Gene, wenngleich sie allesamt von den selben Elterntieren stammen. Daraus erklären sich zum Beispiel auch verschiedene Fellfarben innerhalb eines Wurfes. Dennoch gibt es wesentliche Aspekte, die einer Rasse zugeordnet werden können, unabhängig von Details wie Geschlecht und Farbe.

  • Körperbau: Ganz offensichtlich lässt sich der Körperbau beurteilen. Kurze Beinchen und langer Körper deuten auf kleine Jagdhunde hin. Welpen mit große Pfoten werden meist auch recht groß. Aber auch der Windhund unterscheidet sich im Körperbau deutlich vom Bernhardiner, dieser wiederum vom Malteser und so weiter. Neben der Körpergröße geben Gewicht, Haltung und Proportionen Aufschluss.
  • Felllänge: Während die Farbe bei Mischlingen wenig aussagekräftig für eine bestimmte Rasse spricht, ist die Felllänge schon eher interessant. So lässt sich der Kurzhaardackel deutlicher vom Langhaardackel unterscheiden. Die dichte Unterwolle eines Huskys vom gekräuselten Fell eines Wasserhundes, und so weiter. Wichtig: Die Felllänge und -dichte verändert sich bis der Hund voll ausgewachsen ist, daher nicht zu vorschnell urteilen.
  • Schnauze: Die Form der Schnauze ist oftmals schon eher eindeutig. Mops, Französische Bulldogge, Basset und Co. haben verkürzte Nasen. Die für Schnauzer typische Bartbehaarung an der Schnauze ist ebenfalls schnell ausgemacht. Bei vielen Hunderassen reicht dies allerdings nicht als Erkennungsmerkmal.
  • Rute: Stromlinienförmig wie beim Labrador oder gebogen wie beim Spitz – die Rute gibt weitere Hinweise auf die Rasse, aber ebenfalls keine ausreichenden.

Keins dieser äußerlichen Merkmale genügt allein als Rassebeweis. Zu viele Überschneidungen existieren, zu viele Ähnlichkeiten. Wenn nicht gerade der südafrikanische Ridgeback an Hand seines Rückenstrichs, also den gegen den restlichen Haarwuchs gerichteten Fellstreifen auf dem Rücken, identifiziert wird, gestalten sich alle anderen Rassenzuordnungen schwierig. Die wenigsten haben nämlich ein solches Alleinstellungsmerkmal.

Eine Versuchsreihe der Merial Veterinary Scholar, ein Programm der Veterinärmedizinischen Fakultät der Universität Florida, untersuchte die Expertenmeinungen von über 5.000 Züchtern, Hundetrainern, Tierärzten und Tierheim-Mitarbeitern zu einzelnen Mischlingen im Vergleich zur wissenschaftlichen DNA-Analyse. Das Ergebnis: Kaum 25 % Trefferquote erzielten die Experten beim Raten der Hunderassen. Zum Beispiel wurde häufig auf Labrador Retriever getippt, obgleich stattdessen ein Border Collie mit drin steckte oder gar ein Husky.

Wenn sich also schon die Experten mit der Rassenzuordnung an Hand äußerlicher Merkmale derart schwer tun – wie soll es dann der Laie schaffen?

Verhaltensmuster einer Hunderasse zuordnen

Ein weiterer Versuch die Rassenzuordnung zu klären, besteht darin, das Verhalten des Vierbeiners zu analysieren. Hat er zum Beispiel einen ausgeprägten Hüte-Instinkt? Oder bewacht er lieber das Grundstück? Genaue Rassen lassen sich somit zwar nicht ermitteln, aber zumindest eine grobe Klassifizierung.

Denn in der Tat werden bestimmte Verhaltensmuster genetisch weitergegeben, quasi vererbt, und sind bei einigen Rassen besonders stark ausgeprägt, bei anderen weniger. Zumindest lassen sich auf diesem Wege Jagdhunde von Hütehunden unterscheiden, Schutz- und Wachhunde von Schoßhunden. Wobei natürlich auch hier die Grenzen fließend sind. So mancher Pinscher, der eigentlich ein Jagdhund ist, übernimmt den dominanten Wachposten, während der Rottweiler sich schon mal in einen Schmuse- und Schosshund verwandelt.

Folglich sind Verhaltensmuster zwar wegweisend bei der Rassenzuordnung, leider ebenso wenig eindeutig wie äußerliche Merkmale. Was bleibt dem Hundehalter also, um die Rasse seines Lieblings zu bestimmen?

Der Gentest für Mischlingshunde

Wer wirklich eine genaue Aufschlüsselung der Rasseanteile seines Mischlings haben möchte, sollte eine DNA-Analyse in Erwägung ziehen. Bei diesen sogenannten Rassenbestimmungen werden Speichelproben, wahlweise Blutproben, an zertifizierte Labore eingesandt und dort mit wissenschaftlicher Genauigkeit analysiert.

Die Befunde geben gleich mehrfach Aufschluss:

  • Ist der Hund reinrassig oder ein Mischling
  • Zu welchen Teilen wurde gekreuzt (z.B. Muttertier war reinrassig, Vatertier ebenfalls ein Mischling)
  • Welche Rassen sind Bestandteil des Genpools

Basierend auf den Werten von rund 350 Rassen werden die genetischen Anteile miteinander verglichen. Daraus ergeben sich Kombinationen von Rassen, die mit sehr hoher Wahrscheinlichkeit zutreffen. So kann einem Mischling zum Beispiel dank DNA-Analyse die Verwandtschaft mit Labrador Retriever, Parson Russell Terrier und Deutschem Schäferhund nachgewiesen werden.

Viele Labore fertigen dementsprechende Rassenzertifikate an. Nicht direkt gleichwertig mit den Papieren von reinen Rassehunden, aber fundiert genug, um die Anmeldung bei der Kommune und der Hundeversicherung zu rechtfertigen.

Wichtig bei der Rassenzuordnung per DNA ist außerdem der genetische Gesundheitscheck. Darunter ist die Auswertung potentiell möglicher Erkrankungen zu verstehen, die bestimmten Rassen zugeordnet werden können. Beispielsweise tragen Mischlinge mit Dobermann als genetischem Vorfahren ein erhöhtes Risiko für Herzerkrankungen, das Wobblersyndrom oder die Dancing Doberman Disease in sich. Das sind bei Weitem keine unwesentlichen Hinweise für den Hundehalter.

Auch Gendefekte und genetisch bedingte Erkrankungen lassen sich im Labor auswerten. Diese Zusatzanalysen kosten selbstverständlich entsprechend Aufpreis. Hier sollten sich Hundebesitzer im Vorfeld klar sein, welche Erwartungen sie an eine DNA Analyse haben und mit welchen Konsequenzen sie reagieren würden.

Denn letztlich ist der Ansatz „Hauptsache gesund“ gar nicht so verkehrt bei der Frage nach der Rasse.


SHARES
205
LIKES
205
  • #
  • #
  • #
  • #
  • #
  • #
  • #
  • #
  • #
  • #
  • #
  • #
  • #
  • #
  • #
  • #
  • #
  • #
  • #
  • #
  • #